
CDU will Heizungsgesetz rückgängig machen: Was ändert sich nach der Bundestagswahl?
Macht die CDU das Heizungsgesetz rückgängig? Wir analysieren, welche Änderungen nach der Wahl kommen, wie die Förderung beeinflusst wird und was Hausbesitzer jetzt tun sollten.

Die aktuelle Situation: Was das Heizungsgesetz derzeit vorschreibt
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in seiner aktuellen Form ist seit Januar 2024 in Kraft. Die wichtigsten Regelungen im Überblick:
- 65-Prozent-Regel: Neue Heizungen müssen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
- Stufenweise Einführung: Die Regelung gilt zunächst nur für Neubauten in Neubaugebieten. Für Bestandsgebäude greift sie erst, wenn die kommunale Wärmeplanung vorliegt.
- Kommunale Wärmeplanung: Großstädte müssen bis Mitte 2026, alle übrigen Kommunen bis Mitte 2028 ihre Wärmeplanung vorlegen.
- Übergangsfristen: Funktionierende Gas- und Ölheizungen dürfen weiter betrieben werden. Selbst bei defekten Heizungen gibt es eine Übergangsfrist von bis zu fünf Jahren.
- Förderung: Für den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme wie Wärmepumpen gibt es aktuell Zuschüsse von bis zu 70 Prozent der Anschaffungskosten, maximal 21.000 Euro für ein Einfamilienhaus.
Die bisherige Ampel-Koalition setzte mit diesem Gesetz auf eine Kombination aus Vorgaben und finanziellen Anreizen, um den Gebäudesektor klimafreundlicher zu gestalten. Doch schon während der Gesetzgebung gab es heftige Kritik – nicht nur von der Opposition, sondern auch innerhalb der Regierungsparteien und von Verbänden.
Was die CDU im Wahlkampf versprochen hat
Im Wahlkampf hatte die CDU wiederholt angekündigt, das Heizungsgesetz grundlegend zu reformieren. CDU-Chef Friedrich Merz, inzwischen Bundeskanzler, formulierte es in der ARD-Sendung "Maischberger" so: "Das Heizungsgesetz werden wir auf den ursprünglichen Bestand zurückbringen."
CDU-Fraktionsvize Jens Spahn kündigte sogar an, das "Habeck'sche Heizungsgesetz zurücknehmen" zu wollen. Die Hauptkritikpunkte der Union waren:
- Zu starke Fokussierung auf die Wärmepumpe als Lösung
- Zu wenig Technologieoffenheit für alternative Heizformen wie Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe
- Übermäßige Bürokratie und komplizierte Regelungen
- Zu hohe Kosten für Hausbesitzer
- Mangelnde Berücksichtigung regionaler Unterschiede
Interessanterweise positionierte sich Merz an anderer Stelle differenzierter. Bei einer Veranstaltung des Energieunternehmens Enpal bezeichnete er die Wärmepumpe als "faszinierende Technologie" und bekannte sich grundsätzlich zur Wärmewende, betonte aber: "Das wird das Aus für Öl- und Gasheizungen bedeuten. Aber eben in einer überschaubaren Zeit und in einer Zeit, in der die Menschen sich das auch leisten können."
Konkretes aus dem Koalitionsvertrag: Diese Änderungen kommen
Der nun vorliegende Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD zeigt, wohin die Reise bei der Wärmewende gehen soll. Hier die wichtigsten geplanten Änderungen:
1. Stärkere Technologieoffenheit
Der Koalitionsvertrag betont den "entschlossenen Ausbau Erneuerbarer Energien" und nennt explizit:
- Sonnen- und Windenergie
- Bioenergie
- Wasserkraft
- Geothermie
- "Potenziale klimaneutraler Moleküle" (was auf mehr Offenheit für Wasserstofflösungen hindeutet)
2. Reform der Solarförderung
Die Solarenergie soll laut Koalitionsvertrag in Verbindung mit Speichern "systemdienlich ausgestaltet werden". Privathaushalte sollen zu "Akteuren der eigenen Energieversorgung" werden. Konkret will die Koalition:
- Anreize für netz- und systemdienliche Einspeisung setzen
- Die Bestimmungen des Solarspitzengesetzes für die Nullvergütung bei negativen Preisen überprüfen
- Anmeldeverfahren durch Digitalisierung und Standardisierung vereinfachen
- Doppelnutzungsmöglichkeiten wie Parkplatz-, Agri- und Floating-PV erleichtern
3. Neuer Ansatz bei der Windenergie
Bei der Windkraft setzt die Koalition auf Kontinuität mit punktuellen Änderungen:
- Die Zwischenziele des Windflächenbedarfsgesetzes für 2027 bleiben bestehen
- Die Flächenziele für 2032 werden evaluiert
- Das Referenzertragsmodell wird auf Kosteneffizienz überprüft, insbesondere hinsichtlich unwirtschaftlicher Schwachwind-Standorte
- Die Mitwirkungsrechte der Kommunen beim Windkraftausbau bleiben erhalten
- Prüfung einer besseren Synchronisation von Windkraft- und Netzausbau, etwa durch befristete Engpassgebiete
4. Stärkung der Bioenergie
Der Koalitionsvertrag würdigt die Bedeutung der Bioenergie für Wärme, Verkehr und steuerbare Stromerzeugung:
- Das "Flexibilitätspotenzial der Biomasse" soll konsequent gehoben werden
- Bestehende Deckelungen werden überprüft
- Bessere Nutzung von Reststoffen
- Besonderheiten kleinerer und wärmegeführter Biogasanlagen werden stärker berücksichtigt
5. Beschleunigung der Geothermie
Ein klares Bekenntnis zur Geothermie:
- "Schnellstmögliche" Einführung eines verbesserten Geothermie-Beschleunigungsgesetzes
- Einführung geeigneter Instrumente zur Absicherung des Fündigkeitsrisikos
- Vollständige Absicherung von Schadensfällen
- Schaffung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Potenziale
6. Neue Kraftwerksstrategie
Ein Kernpunkt des Koalitionsvertrags ist der massive Ausbau konventioneller Kraftwerkskapazitäten:
- Bau von bis zu 20 GW an Gaskraftwerksleistung bis 2030
- Technologieoffene Ausgestaltung
- Vorrangige Nutzung bestehender Kraftwerksstandorte
- Regionale Steuerung nach Bedarfen
- Einsatz von Reservekraftwerken nicht nur zur Vermeidung von Versorgungsengpässen, sondern auch zur Stabilisierung des Strompreises
7. CO₂-Abscheidung und -Speicherung (CCS/CCU)
Die Koalition bekennt sich klar zu CCS/CCU-Technologien:
- Umgehendes Beschließen eines Gesetzespakets für Abscheidung, Transport, Nutzung und Speicherung von CO₂
- Feststellung des "überragenden öffentlichen Interesses" für den Bau von CCS/CCU-Anlagen und -Leitungen
- Ermöglichung von CO₂-Speicherung offshore und onshore, "wo geologisch geeignet und akzeptiert"
- Einführung einer Länderöffnungsklausel für CO₂-Speicherung
CDU und SPD: Neue Einigkeit bei der Wärmewende?
Der Koalitionsvertrag zeigt, dass CDU und SPD einen pragmatischen Mittelweg gefunden haben. Die SPD, die das Heizungsgesetz in der Ampel-Koalition mitgetragen hat, steht weiterhin hinter den Grundprinzipien, sieht aber ebenfalls Reformbedarf. Schon während der Ampel-Zeit sprach sich die damalige Bauministerin Klara Geywitz (SPD) für eine Vereinfachung aus: Das Gesetz müsse "viel, viel" einfacher werden.
Die CDU konnte ihre Forderung nach mehr Technologieoffenheit und weniger Bürokratie durchsetzen, verzichtet aber auf eine komplette Rückabwicklung. Stattdessen sollen die Marktmechanismen stärker betont werden, insbesondere durch:
- CO₂-Bepreisung als zentrales Steuerungsinstrument
- Marktwirtschaftliche Anreize statt detaillierter Vorschriften
- Verstärkte Flexibilisierung des Energiesystems
Die SPD hat erreicht, dass die grundsätzliche Richtung der Wärmewende beibehalten wird, mit klarem Bekenntnis zu erneuerbaren Energien und dem Kohleausstieg.
Zeitleiste: Wann werden die Änderungen umgesetzt?
Für Hausbesitzer ist entscheidend, wann die angekündigten Änderungen in Kraft treten werden. Basierend auf dem Koalitionsvertrag und üblichen Gesetzgebungsprozessen ist folgende Zeitleiste realistisch:
Bis dahin gilt das Heizungsgesetz in seiner jetzigen Form weiter. Für Hausbesitzer bedeutet das: Aktuelle Förderungen können noch genutzt werden, und bis zur Novellierung des Gesetzes ändert sich an den bestehenden Pflichten nichts.
Förderungen: Lohnt sich ein schneller Heizungstausch noch?
Angesichts der angekündigten Änderungen stellt sich für viele Hausbesitzer die Frage: Sollte ich jetzt noch schnell handeln, um die großzügigen Förderungen zu sichern?
Aktuell können Hausbesitzer beim Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme von folgenden Förderungen profitieren:
- Grundförderung: 30 Prozent der Anschaffungskosten
- Klimageschwindigkeitsbonus: zusätzlich 20 Prozent, wenn eine alte Öl-, Kohle- oder Nachtspeicherheizung oder eine über 20 Jahre alte Gasheizung ersetzt wird
- Einkommensbonus: weitere 30 Prozent für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von unter 40.000 Euro
Insgesamt sind so bis zu 70 Prozent Förderung möglich, maximal jedoch 21.000 Euro bei förderfähigen Kosten von 30.000 Euro für ein Einfamilienhaus.
Im Koalitionsvertrag finden sich Hinweise darauf, dass die Förderstrukturen vereinfacht werden sollen. Das könnte bedeuten:
- Einfachere, transparentere Förderstruktur
- Möglicherweise niedrigere Fördersätze
- Stärkere Fokussierung auf zinsgünstige Kredite statt direkter Zuschüsse
- Erweiterung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten
Pro schneller Heizungstausch:
- Die aktuelle Förderung ist historisch gesehen außergewöhnlich großzügig
- Die KfW verzeichnet bereits einen Anstieg der Förderanträge
- Politische Änderungen brauchen Zeit, die aktuelle Förderung bleibt mindestens bis Ende 2025 bestehen
- Steigende CO₂-Preise machen fossile Heizungen zunehmend unwirtschaftlicher
Contra schneller Heizungstausch:
- Möglicherweise größere Technologieoffenheit in Zukunft
- Eventuell neue, anders strukturierte Förderprogramme
- Sinkende Preise für Wärmepumpen und andere Technologien
Experteneinschätzung: Drei Szenarien für die Zukunft des Heizungsgesetzes
Basierend auf dem Koalitionsvertrag und Experteneinschätzungen zeichnen sich drei mögliche Szenarien für die Reform des Heizungsgesetzes ab:
Szenario 1: Weitreichende Reform (Wahrscheinlichkeit: 25 Prozent)
In diesem Szenario setzt die CDU ihre Wahlkampfversprechen weitgehend um:
- Deutliche Lockerung der 65-Prozent-Regel
- Stärkere Fokussierung auf CO₂-Bepreisung als Hauptinstrument
- Erhebliche Reduzierung der Förderung
- Wesentlich längere Übergangsfristen
Auswirkungen für Hausbesitzer: Mehr Wahlfreiheit bei der Heiztechnologie, aber auch weniger finanzielle Unterstützung. Der Marktdruck zum Umstieg auf erneuerbare Energien würde primär über steigende CO₂-Preise entstehen.
Szenario 2: Pragmatische Anpassung (Wahrscheinlichkeit: 65 Prozent)
Nach Veröffentlichung des Koalitionsvertrags erscheint dieses Szenario am wahrscheinlichsten:
- 65-Prozent-Regel bleibt grundsätzlich bestehen, wird aber flexibler gestaltet
- Erweiterung der anerkannten Technologien (Wasserstoff, Biomethan, etc.)
- Vereinfachung der Förderung bei moderater Reduktion der Förderhöhe
- Stärkere Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten
Auswirkungen für Hausbesitzer: Mehr technologische Optionen und weniger Bürokratie, bei leicht reduzierter finanzieller Förderung. Die grundsätzliche Richtung der Wärmewende bleibt bestehen.
Szenario 3: Minimale Anpassungen (Wahrscheinlichkeit: 10 Prozent)
In diesem Szenario würden nur kleinere Änderungen vorgenommen:
- Beibehaltung der 65-Prozent-Regel in nahezu unveränderter Form
- Hauptsächlich Vereinfachung von Verfahren und Bürokratieabbau
- Geringfügige Anpassung der Förderprogramme
- Verlängerte Übergangsfristen für bestimmte Gebäudetypen
Auswirkungen für Hausbesitzer: Kaum Änderungen gegenüber der aktuellen Situation, aber mehr Planungssicherheit und vereinfachte Verfahren.
Fazit: Handlungsempfehlungen für Hausbesitzer
Angesichts der zu erwartenden Änderungen am Heizungsgesetz empfehlen wir Hausbesitzern:
- Kein überstürztes Handeln: Der Koalitionsvertrag deutet auf Evolution statt Revolution hin. Gravierende Änderungen, die bestehende Planungen hinfällig machen würden, sind unwahrscheinlich.
- Individuelle Situation analysieren: Lassen Sie Ihre aktuelle Heizung und die energetische Situation Ihres Hauses von einem Fachmann begutachten. Häufig sind zunächst andere Maßnahmen wie eine bessere Dämmung sinnvoller als ein sofortiger Heizungstausch.
- Förderung nutzen, wenn ohnehin ein Tausch ansteht: Wenn Ihre Heizung alt ist oder bereits Probleme macht, kann es sinnvoll sein, die aktuell großzügige Förderung noch zu nutzen. Auch wenn es Änderungen gibt, wird es voraussichtlich Übergangsregelungen geben.
- Kommunale Wärmeplanung beachten: Informieren Sie sich, ob Ihre Kommune bereits eine Wärmeplanung erstellt hat oder wann diese vorliegen wird. Dies gibt wichtige Hinweise, ob ein Anschluss an ein Fernwärmenetz möglich sein könnte.
- Langfristig denken: Unabhängig von politischen Änderungen werden fossile Brennstoffe durch steigende CO₂-Preise teurer werden. Ein Umstieg auf erneuerbare Energien wird langfristig in den meisten Fällen wirtschaftlich sinnvoll sein.
Die Wärmewende wird kommen – mit oder ohne strenges Heizungsgesetz. Der Unterschied liegt vor allem im Tempo und in der Ausgestaltung der Förderung. Eine fundierte Beratung durch Energieberater und Heizungsfachleute ist in jedem Fall empfehlenswert, um die individuell beste Lösung zu finden.
Häufig gestellte Fragen
Kann die CDU das Heizungsgesetz tatsächlich komplett rückgängig machen?
Eine vollständige Abschaffung des Heizungsgesetzes ist aufgrund der EU-Klimavorgaben und des Koalitionsvertrags mit der SPD unwahrscheinlich. Stattdessen deutet alles auf substanzielle Anpassungen hin, die mehr Technologieoffenheit, vereinfachte Verfahren und eine Reform der Förderstruktur bringen werden.
Was passiert mit bereits gestellten Förderanträgen bei einer Gesetzesänderung?
Bereits bewilligte Förderungen haben in der Regel Bestandsschutz. Auch bei einer Änderung des Heizungsgesetzes dürften laufende Anträge nach den bisherigen Regeln bearbeitet werden.
Lohnt sich der Einbau einer Wärmepumpe noch?
Wärmepumpen bleiben auch unter der neuen Regierung eine zukunftssichere Option. Der Koalitionsvertrag betont die Förderung von Wärmepumpen in Verbindung mit Speichern. Durch steigende CO₂-Preise werden fossile Heizsysteme mittelfristig teurer im Betrieb. Für Neubauten bleibt die Wärmepumpe in den meisten Fällen die wirtschaftlichste Lösung.
Was ist mit der kommunalen Wärmeplanung – wird diese fortgesetzt?
Ja, die kommunale Wärmeplanung wird fortgeführt. Im Koalitionsvertrag wird sogar ihre Bedeutung unterstrichen, etwa durch die Ankündigung eines Bund-Länder-Gremiums zur Vorbereitung länderübergreifender wasserwirtschaftlicher Maßnahmen gegen Wassermangel.
Werden Öl- und Gasheizungen wieder uneingeschränkt erlaubt?
Nein, eine Renaissance fossiler Heizungen ohne Einschränkungen ist auch unter der neuen Regierung nicht zu erwarten. Der Koalitionsvertrag betont zwar die Technologieoffenheit, verfolgt aber weiterhin das Ziel, "dass sich Erneuerbare Energien perspektivisch vollständig am Markt refinanzieren können." Die steigenden CO₂-Preise werden fossile Heizsysteme zudem zunehmend unwirtschaftlicher machen.
Wie wirkt sich die europäische Gebäuderichtlinie auf das deutsche Heizungsgesetz aus?
Die EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) gibt verbindliche Ziele für die Energieeffizienz von Gebäuden vor. Deutschland muss diese Vorgaben umsetzen, was einer vollständigen Abschaffung des Heizungsgesetzes enge Grenzen setzt. Der Koalitionsvertrag betont die Umsetzung europäischer Vorgaben "in Einklang mit europäischen Vorgaben".
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