EU-Sanierungspflicht: Was Hausbesitzer jetzt wissen müssen
Die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden ist ein wichtiger Baustein der Energiewende und des Klimaschutzes. Im Zuge dessen waren ursprüngliche Pläne der EU-Kommission für eine strenge Sanierungspflicht für Immobilienbesitzer in aller Munde. Doch wie ist der aktuelle Stand nach der Überarbeitung der EU-Gebäuderichtlinie? Welche Verpflichtungen kommen tatsächlich auf Hausbesitzer zu, und welche Sanierungspflichten gelten bereits jetzt in Deutschland? Unser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die neuen Regelungen und ihre Auswirkungen.

Das Wichtigste in Kürze
- Entschärfte EU-Sanierungspflicht: Die ursprünglich geplante individuelle Sanierungspflicht für einzelne Gebäude wurde abgesagt. Stattdessen setzt die EU nun auf gesamtheitliche Ziele für den Gebäudebestand.
- Neue EU-Vorgaben: Bis 2030 muss der Energieverbrauch im Wohngebäudesektor um 16 Prozent und bis 2035 um 20-22 Prozent im Vergleich zu 2020 sinken. Bis 2040 sollen in Gebäuden keine fossilen Brennstoffe mehr genutzt werden.
- Nationale Umsetzung: Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die neuen Regelungen bis Ende Mai 2026 in nationales Recht überführen und können dabei die konkreten Maßnahmen selbst bestimmen.
- Bestehende Pflichten in Deutschland: Bereits jetzt gibt es in Deutschland durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) Sanierungspflichten, insbesondere bei Eigentümerwechsel und umfassenden Renovierungen.
- Ausnahmen: Bestimmte Gebäudetypen wie denkmalgeschützte Gebäude, kleine Gebäude unter 50 Quadratmetern sowie Ein- und Zweifamilienhäuser, die bereits vor Februar 2002 selbst bewohnt wurden, sind von bestimmten Sanierungspflichten ausgenommen.
- Förderungen: Es stehen umfangreiche staatliche Förderprogramme zur Verfügung, die bis zu 70 Prozent der Kosten für energetische Sanierungsmaßnahmen abdecken können.
Aktuelle EU-Gebäuderichtlinie: Was wurde beschlossen?
Die Europäische Union hat nach langen Diskussionen im April 2024 die überarbeitete EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) beschlossen. Im Gegensatz zu früheren Entwürfen enthält die finale Fassung keine direkte individuelle Sanierungspflicht für einzelne Gebäude mehr.
Stattdessen müssen die EU-Mitgliedsstaaten folgende übergeordnete Ziele erreichen:
- Reduzierung des Energieverbrauchs: Der Energieverbrauch des gesamten Wohngebäudesektors muss bis 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent im Vergleich zu 2020 gesenkt werden.
- Ausstieg aus fossilen Brennstoffen: Bis 2040 sollen in Gebäuden keine fossilen Brennstoffe mehr genutzt werden – dafür wird unter anderem die Solarenergie gefördert.
- Sanierung von Nichtwohngebäuden: 16 Prozent der am wenigsten energieeffizienten Nichtwohngebäude müssen bis 2030 und 26 Prozent bis 2033 renoviert werden.
- Klimaneutrale Neubauten: Ab 2030 sollen alle neuen Gebäude emissionsfrei sein.
- Förderungsende für fossile Heizungen: Ab 2025 sollen keine Förderungen mehr für reine Öl- und Gasheizungen vergeben werden.
Die EU-Gebäuderichtlinie gibt dabei nur die Ziele vor, überlässt es aber den einzelnen Mitgliedsstaaten, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Die Mitgliedsstaaten haben bis Ende Mai 2026 Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.
Vom ursprünglichen Plan zur entschärften Fassung
Die nun beschlossene Version der EU-Gebäuderichtlinie ist deutlich milder als die ursprünglichen Pläne:
Ursprünglicher Vorschlag des EU-Parlaments (März 2023)
- Alle Wohngebäude sollten bis 2030 mindestens die Energieeffizienzklasse E erreichen
- Bis 2033 sollte mindestens die Klasse D erreicht werden
- Dies hätte eine direkte Sanierungspflicht für Millionen von Gebäuden in der schlechtesten Energieklasse G bedeutet
Vorschlag der EU-Kommission (Dezember 2021)
- Bis 2027 sollten 15 Prozent des Gebäudebestands mit der schlechtesten Energieeffizienz von Klasse G auf mindestens Klasse F verbessert werden
- Bei Wohngebäuden sollte dies entsprechend bis 2030 erfolgen
- Bis 2033 sollte die Klasse E erreicht werden
Beschlossene Fassung (April 2024)
- Keine individuellen Sanierungspflichten für einzelne Gebäude mehr
- Stattdessen übergeordnete Ziele für den gesamten Gebäudebestand
- Mitgliedsstaaten können selbst entscheiden, wie sie die Ziele erreichen
Die deutliche Entschärfung der Richtlinie kam nach massiver Kritik, unter anderem von der deutschen Bundesregierung. Befürchtet wurden zu hohe Kosten für Immobilienbesitzer und eine Überforderung des Handwerks durch zu viele gleichzeitige Sanierungsaufträge.
Sanierungspflicht in Deutschland: Was gilt schon jetzt?
Auch ohne die verschärfte EU-Gebäuderichtlinie gibt es bereits heute in Deutschland Sanierungspflichten durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das auch als Heizungsgesetz bekannt ist. Das GEG ist seit 2020 in Kraft und regelt folgende Sanierungspflichten:
Sanierungspflicht bei Eigentümerwechsel
Bei einem Wechsel des Eigentümers durch Kauf, Erbschaft oder Schenkung müssen die neuen Eigentümer innerhalb von zwei Jahren bestimmte energetische Sanierungsmaßnahmen durchführen:
- Dämmung der obersten Geschossdecke oder des Daches
- Austausch alter Heizungsanlagen, die älter als 30 Jahre sind (mit Ausnahmen für Niedertemperatur- und Brennwertkessel)
- Dämmung von wasserführenden Rohren und Armaturen in unbeheizten Räumen
Sanierungspflicht bei umfassenden Baumaßnahmen
Wenn umfassende Baumaßnahmen durchgeführt werden, die mehr als 10 Prozent eines Bauteils betreffen (etwa der Fassade oder des Dachs), müssen laut § 48 GEG auch energetische Verbesserungen vorgenommen werden:
- Energetische Mindestanforderungen müssen für das erneuerte Bauteil eingehalten werden
- Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) dürfen bestimmte Höchstwerte nicht überschreiten
Heizungstausch ab 2024
Gemäß dem überarbeiteten GEG müssen neu installierte Heizungen ab 2024 mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Diese Regelung gilt zunächst nur für Neubauten in Neubaugebieten. Für Bestandsimmobilien gelten großzügige Übergangsregeln:
- Bestehende Heizungen dürfen weiter betrieben werden
- Defekte Anlagen dürfen repariert werden
- Bei irreparablen Heizungen gibt es Übergangsfristen von bis zu 5 Jahren
Welche Gebäude sind betroffen?
Nicht alle Gebäude sind von den Sanierungspflichten gleichermaßen betroffen. Hier ein Überblick:
Stark betroffene Gebäudetypen
- Ältere Wohngebäude mit schlechter Energieeffizienz (Klassen F, G und H)
- Wohngebäude mit mehr als zwei Wohneinheiten unterliegen oft strengeren Vorschriften
- Nichtwohngebäude müssen nach EU-Vorgaben zu einem erheblichen Prozentsatz saniert werden
- Gewerbliche Immobilien müssen ebenfalls die Sanierungspflichten erfüllen
Weniger betroffene Gebäude oder Ausnahmen
- Denkmalgeschützte Gebäude haben Sonderregelungen aufgrund ihrer historischen Bedeutung
- Gebäude mit einer Wohnfläche unter 50 Quadratmetern
- Ein- und Zweifamilienhäuser, die bereits am 1. Februar 2002 vom Eigentümer selbst bewohnt wurden (für bestimmte Sanierungspflichten)
- Gebäude für religiöse Zwecke (z.B. Kirchen)
- Landwirtschaftliche Gebäude
- Ferienhäuser können von EU-Staaten ausgenommen werden
Nach Schätzungen sind in Deutschland rund 7,2 Millionen Wohnungen von den aktuellen Sanierungspflichten betroffen. Dies entspricht etwa 45 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland.
Fristen und Zeitpläne für die Umsetzung
Die Umsetzung der neuen EU-Gebäuderichtlinie und der bestehenden nationalen Sanierungspflichten folgt einem klaren Zeitplan:
EU-Ebene
- April 2024: Beschluss der überarbeiteten EU-Gebäuderichtlinie (EPBD)
- Bis Ende Mai 2026: Frist für die Umsetzung der EU-Vorgaben in nationales Recht
- Bis 2030: Reduktion des Energieverbrauchs im Wohngebäudesektor um 16 Prozent
- Bis 2035: Reduktion des Energieverbrauchs im Wohngebäudesektor um 20-22 Prozent
- Bis 2040: Keine Nutzung fossiler Brennstoffe mehr in Gebäuden
- Bis 2050: Alle Gebäude in der EU sollen klimaneutral sein
Deutschland
- Bei Eigentümerwechsel: Zwei Jahre Zeit für die Umsetzung der vorgeschriebenen Sanierungsmaßnahmen
- Bei Heizungstausch: Ab 2024 Pflicht zur 65-Prozent-Nutzung erneuerbarer Energien in Neubauten in Neubaugebieten
- Bei alten Heizkesseln: Austauschpflicht nach 30 Jahren Betriebszeit
Kosten und Förderungsmöglichkeiten
Die Kosten für energetische Sanierungen können erheblich sein, werden aber durch umfangreiche staatliche Förderprogramme abgemildert:
Typische Kosten für Sanierungsmaßnahmen
- Dämmung der obersten Geschossdecke: ca. 35-50 Euro pro Quadratmeter
- Fassadendämmung: ca. 100-200 Euro pro Quadratmeter
- Austausch einer Heizung: je nach System zwischen 7.000 und 30.000 Euro
- Einbau von Fenstern mit Wärmeschutzverglasung: ca. 500-1.000 Euro pro Fenster
Fördermöglichkeiten
- Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) über die KfW und das BAFA:
- Grundförderung von 30 Prozent für den Einbau einer klimafreundlichen Heizung
- Klimageschwindigkeitsbonus von 20 Prozent beim Austausch einer funktionsfähigen fossilen Heizung bis Ende 2028
- Einkommensbonus von 30 Prozent für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen unter 40.000 Euro
- In Kombination bis zu 70 Prozent Förderung möglich (max. 21.000 Euro)
- Steuerliche Förderung:
- 20 Prozent der Sanierungskosten können über drei Jahre von der Steuer abgesetzt werden
- Regionale Förderprogramme:
- Zusätzliche Zuschüsse von Bundesländern, Städten und Gemeinden
- Diese variieren je nach Region
- EU-Förderung:
- Die EU stellt den Mitgliedsstaaten rund 150 Milliarden Euro an Fördermitteln zur Verfügung
Ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) kann dabei helfen, die Maßnahmen optimal zu planen und alle verfügbaren Förderungen zu nutzen.
Ausnahmen und Sonderfälle
Es gibt verschiedene Ausnahmen und Sonderfälle, bei denen die Sanierungspflichten nicht oder nur eingeschränkt gelten:
Denkmalgeschützte Gebäude
Denkmalgeschützte Gebäude genießen besondere Ausnahmen (§ 105 GEG):
- Die energetischen Anforderungen können reduziert werden
- Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde ist erforderlich
- Alternative, weniger invasive Maßnahmen können vereinbart werden
Wirtschaftliche Unzumutbarkeit
Wenn die Kosten für energetische Sanierungen den wirtschaftlichen Nutzen deutlich übersteigen, können Ausnahmen gewährt werden (§ 102 GEG):
- Eigentümer müssen die Unzumutbarkeit nachweisen
- Die Behörde kann dann Erleichterungen oder Befreiungen aussprechen
Selbstgenutzte Ein- und Zweifamilienhäuser
Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern, die ihr Haus bereits am 1. Februar 2002 selbst bewohnt haben, sind von bestimmten Sanierungspflichten befreit:
- Keine Pflicht zur Dämmung der obersten Geschossdecke
- Keine Austauschpflicht für alte Heizkessel
Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für Häuser, die nach dem 1. Februar 2002 errichtet wurden oder bei denen nach diesem Datum ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat.
Kontrolle und mögliche Sanktionen
Die Einhaltung der Sanierungspflichten wird durch verschiedene Instanzen überwacht:
Kontrollinstanzen
- Lokale Bauämter und Energiebehörden: Hauptverantwortlich für die Überwachung
- Schornsteinfeger: Prüfen Heizungsanlagen und können auf energetische Mängel hinweisen
- Energieberater: Unterstützen bei der Dokumentation der Maßnahmen
Nachweispflichten
Eigentümer müssen die Durchführung der vorgeschriebenen Maßnahmen nachweisen können:
- Dokumentation der durchgeführten Arbeiten
- Energieausweise
- Berichte von Energieberatern
Mögliche Sanktionen
Bei Nichteinhaltung der Sanierungspflichten drohen:
- Bußgelder: Je nach Schwere des Verstoßes kann die Höhe variieren
- Zwangssanierung: In gravierenden Fällen können Behörden eine Sanierung anordnen
- Eintrag ins Baulastenverzeichnis: Mit negativen Auswirkungen bei einem späteren Verkauf
Die Sanktionen werden in der Regel erst verhängt, wenn nach mehrfacher Aufforderung keine Maßnahmen ergriffen werden.
Empfehlungen für Hausbesitzer
Als Hausbesitzer sollten Sie folgende Schritte in Betracht ziehen:
- Energetischen Zustand des Gebäudes überprüfen lassen
- Energieausweis erstellen lassen
- Professionelle Energieberatung in Anspruch nehmen
- Individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) erstellen lassen
- Sanierungsmaßnahmen strategisch planen
- Prioritäten nach Kosten-Nutzen-Verhältnis setzen
- Maßnahmen mit ohnehin geplanten Renovierungen verbinden
- In einer sinnvollen Reihenfolge vorgehen (meist zuerst Dämmung, dann Heizung)
- Förderungen optimal nutzen
- Alle verfügbaren Förderprogramme recherchieren
- Beratung zu steuerlichen Vorteilen einholen
- Anträge frühzeitig stellen
- Langfristig denken
- Energetische Sanierungen als Investition in die Zukunft sehen
- Wertsteigerung der Immobilie und Einsparung von Energiekosten berücksichtigen
- Nachhaltigkeit und Klimaschutz als zusätzlichen Nutzen betrachten
- Bei Unsicherheiten fachlichen Rat einholen
- Qualifizierte Energieberater konsultieren
- Mehrere Angebote von Handwerkern einholen
- Regionale Beratungsstellen nutzen
Häufig gestellte Fragen
Wird die Sanierungspflicht kontrolliert?
Ja, die Einhaltung der Sanierungspflichten wird von den Bauaufsichtsbehörden der Länder kontrolliert. Insbesondere beim Heizungstausch prüfen qualifizierte Schornsteinfeger, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Bei Verstößen können Bußgelder verhängt werden.
Kann man zur Sanierung gezwungen werden?
Bei schwerwiegenden Verstößen können Behörden tatsächlich Sanierungsmaßnahmen anordnen. Dies erfolgt jedoch in der Regel erst nach wiederholter Nichteinhaltung der Vorgaben. Bei Nicht-Einhaltung der Sanierungspflicht können Geldstrafen in Höhe von bis zu 50.000 Euro verhängt werden.
Gibt es eine Sanierungspflicht bei einer Erbschaft oder Schenkung?
Ja, auch bei Erwerb durch Erbschaft oder Schenkung greift die Sanierungspflicht. Neue Eigentümer haben zwei Jahre Zeit, die vorgeschriebenen energetischen Maßnahmen umzusetzen. Die Pflicht überträgt sich zusammen mit dem Eigentum auf den neuen Eigentümer.
Was kommt auf Hausbesitzer bis 2030 zu?
Bis 2030 sollen alle Gebäude in der EU energetisch verbessert werden, um die Klimaziele zu erreichen. Zwar gibt es keine individuelle Sanierungspflicht mehr, doch Deutschland wird Maßnahmen ergreifen müssen, um den Energieverbrauch im Gebäudesektor um 16 Prozent zu senken. Dies könnte durch Anreize, aber auch durch neue Verpflichtungen erfolgen.
Welche Förderungen gibt es für energetische Sanierungen?
Es gibt umfangreiche Förderprogramme: Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bietet bis zu 70 Prozent Zuschuss für den Heizungstausch. Für Einzelmaßnahmen wie Dämmung oder Fenstertausch gibt es Zuschüsse von bis zu 20 Prozent. Zusätzlich können 20 Prozent der Sanierungskosten über drei Jahre steuerlich geltend gemacht werden.
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